Marlies Ruhrig

Marlies Ruhrig

geb. Gießler
* 21.02.1943
† 04.04.2020
Erstellt von Redaktion Mittelhessen-gedenkt.de
Angelegt am 25.04.2020
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Über den Trauerfall (1)

Hier finden Sie ganz besondere Erinnerungen an Marlies Ruhrig, wie z.B. Bilder von schönen Momenten, die Trauerrede oder die Lebensgeschichte.

Trauerrede gehalten von Pfarrer Ernst Widmann

28.04.2020 um 16:25 Uhr von Matthias

Ich lese einige Lebensdaten der Verstorbenen, die sie selbst aufgeschrieben hat:

Marlies Edeltraud Ruhrig, geb Gießler wurde am 21. Februar 1943 in Geppersdorf, im Landkreis Mährisch Schönberg, im heutigen Tschechien, als Tochter von Hans Gießler und Anna Gießler, geb. Mathan geboren.

Am 14. März 1943 wurde sie in der Pfarrkirche ihres Geburtsortes getauft.

Mit gerade einmal drei Jahren musste sie zusammen mit ihrer Mutter als Vertriebene ihre Heimat im Sudetenland verlassen.

Ihr Weg führte sie nach Herleshausen, wo sie mit 6 Jahren  eingeschult wurde.

Da ihr Vater als vermisst galt, heiratete ihre Mutter ein  zweites Mal. Später kehrte ihr Vater dann doch aus dem Kriege zurück. Bis zuletzt bedauerte Marlies Ruhrig, keinen Kontakt mehr zu ihrem leiblichen Vater gehabt zu haben.

Mit 16 Jahren wollte Marlies Ruhrig auf eigenen Füßen stehen. Sie fand beim Zoll des innerdeutschen Grenzüberganges in Herleshausen eine erste Anstellung.

In Herleshausen lernte sie auch ihren ersten Ehemann, Arno Bozek, kennen. Aus der Ehe gingen zwei Söhne: Matthias und Marcus hervor.

Im Jahre 1994 arbeitete Marlies Ruhrig im Rot-Kreuz-Altenheim in Bad Nauheim und kam häufig nach Friedberg. Dort lernte sie dann ihren zweiten Ehemann, Horst Ruhrig, kennen und heiratete ihn 1998.

Bis zuletzt wurde sie von ihm, den Söhnen, der Schwiegertochter, sowie den Enkelkindern liebevoll versorgt.

Marlies Ruhrig verstarb am 4. April, in den späten Abendstunden.

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung und Liebe, diese drei, die Liebe aber ist die größte unter ihnen” 1. Kor. 13, 13

Lieber Horst, lieber Matthias und Marcus Bozek, liebe kleine
Trauergemeinde!

Wir haben es im Lebenslauf gehört: am 4. April ist Marlies Ruhrig verstorben. Ihre unheilbare Krebserkrankung hat ihr keine Chance auf Gesundung gelassen. So kam der Tod für sie dann letztlich als Erlösung.

Das mussten auch die erkennen, die heute hier um sie trauern.

Ein Mensch ist gegangen, „eine vielseitig interessierte,
aufgeschlossene Persönlichkeit, ein hilfsbereiter, sozialer Mensch, harmoniebedürftig, der allen gerecht werden wollte, manchmal auch deshalb etwas bestimmend und ungeduldig, aber immer auch humorvoll, mit einem ansteckenden Lachen".

So haben Sie, lieber Herr Bozek, das Wesen Ihrer Mutter kurz und doch umfassend, mit allen Facetten charakterisiert und abschließend haben sie geschrieben:


„Wir vermissen ihre Zuversicht, Liebe und Fürsorglichkeit, einfach ihr ganzes Wesen. Ohne sie wird unserem Leben ein Teil dessen fehlen, was ein Leben liebens-und lebenswerter macht."

Das könntest Du, lieber Horst, mit Sicherheit genau so
unterschreiben.

Ich selbst habe sie von Angesicht zu Angesicht nie kennengelernt, aber am Telefon. Anfang des Jahres rief sie mich an und fragte mich, ob ich, den sie noch aus meinen Fauerbacher Pfarrerszeiten aus dem Gottesdienst und auch von Beerdigungen kannte, sie auch beerdigen würde.

Sie hat mit klarem Verstand und ruhigem Gemüt alles für ihre Beerdigung organisiert, sogar die Urne ausgesucht, in der sie bestattet wird und auch zwei der drei Lieder, die wir heute hören.

Ich weiß nicht, ob ich selbst das könnte und wenn ich einen Hut tragen würde, dann würde ich ihn vor einem solchen Menschen mit Sicherheit ziehen!

„Nun aber bleiben Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei, die Liebe aber ist die größte unter ihnen"

Marlies Ruhrig hat in ihrer Kindheit und Jugend kein wirklich leichtes Leben gehabt. Das schimmert durch die wenigen Daten ihres Lebenslaufes hindurch. Verlust der Heimat und letztlich auch des leiblichen Vaters, frühe Selbständigkeit.

Wir, die wir uns von vier Wochen Kontaktsperre und  begrenzten Einkaufsmöglichkeiten schon in unserem Lebenswert „eingeschränkt" fühlen, können da nur von Ferne ahnen, was das für einen jungen Menschen in diesen Zeiten damals bedeutet hat!

Sie hätte deprimiert und verzweifelt sein und sich zurückziehen können, aber sie hat ihr Leben in beide Hände genommen und hat Verantwortung übernommen, zunächst für sich selbst und dann für ihre eigene kleine Familie.

Sie hat in ihrem aktiven Leben nie die Hoffnung aufgegeben, weil da auch einiges an Glauben und Gottvertrauen in ihr war. Und über allem hat sie alles, was sie an Energie hatte, in die Liebe gesteckt, mit der sie den Menschen begegnet ist, die ihr nahestanden, aber auch Menschen, die sie gar nicht kannte und denen sie hilfsbereit begegnete.

Nun nehmen wir heute von ihr Abschied. Was bleibt, wenn ein Mensch, der uns nahestand, geht?

Zunächst fällt uns ein, was alles nicht mehr so ist!

Das ist ganz natürlich und menschlich.

Aber, wenn man einen Menschen hergeben muss, dann versucht man immer auch, ihm bzw. ihr gerecht zu werden. Das versuchen wir heute mit dieser kleinen Trauerfeier.

Das können wir aber auch dadurch tun, dass wir uns von der Verstorbenen inspirieren lassen. Wir können, da, wo es geht, versuchen, unser Leben, ähnlich wie sie, anzunehmen, wie es ist, mit Hoffnung und mit Glauben und Liebe  auszustrahlen zu den Menschen um uns herum!

Es wird das Lied "Einmal sehen wir uns wieder" gespielt.

Das Lied ,das Marlies Ruhrig sich für ihre Beerdigung ausgesucht hat, drückt ganz viel Liebe aus, aber auch Glauben und Hoffnung: Es gibt etwas, das höher ist als unser kleines Leben und unsere Schwächen und Ängste und Zweifel: das ist Gott!

In ihm können wir Marlies Ruhrig —und irgendwann einmal auch uns - geborgen wissen!

Amen